Direkt zum Hauptbereich

Geschlossene Gesellschaft

Wer darf rein, wer muss draußen bleiben?


Viele Bürger*innen werden sich diese Frage in den letzten Wochen gestellt haben, seit die Leipziger Richter*innen Fahrverbote für zulässig befanden, um die Luft in deutschen Städten sauberer zu machen. Speziell heißt dies aber nicht, dass bald kein Diesel mehr in die Stadt darf. Es wird wohl zunächst nur Modelle mit Euro 3 und 4  treffen, ab 2019 aber auch neuere Autos mit der Abgasnorm Euro 5, wirklich sicher sind nur Fahrzeuge der neuesten Abgasklasse 6d. Die Fahrverbote werden aber nicht ganze Viertel treffen, sondern voraussichtlich und in aller Regel nur partielle Abschnitte, z.B. auf besonders belasteten Hauptstraßen. Eine Umfahrungsmöglichkeit der Zonen dürfte aber gegeben bleiben. Verängstigte Anwohner*innen oder Gewerbetreibende müssen sich ebenfalls keine Sorgen machen, für sie wird es aller Wahrscheinlichkeit nach umfangreiche Ausnahmeregelungen geben.
Differenzierte Pläne, bis auf zwei Straßenabschnitte in Hamburg gibt es aber noch nicht und weiterer Entwürfe werden wohl auch noch einige Zeit in Anspruch nehmen, da zunächst die Luftreinhaltepläne der betroffenen Kommunen geändert und von der Landesregierung abgesegnet werden müssen, ehe es an die Umsetzung geht. 
Eine Blaue Plakette wird wohl auch mit der neuen Bundesregierung nicht kommen, schließlich findet sie weder Erwähnung im Koalitionsvertrag, noch hält sie der neue Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) für eine besonders gute Idee. Die Debatte um eine solche Plakette wird aber sicher nicht so bald zur Ruhe kommen. 
Auch zur Frage der Kontrolle der geplanten Verbote gibt es noch keine Lösung, von der Polizei heißt es unisono, man habe nicht die Kapazitäten, sich mit der Überwachung der Maßnahmen zu befassen, andere Dinge seien bei der aktuellen Personallage bevorzugt zu behandeln. 
Fest steht also, dass definitiv nicht alle Dieselfahrzeuge in der Bundesrepublik in medias res stillgelegt werden müssen, aber eben auch, dass Fahrverbote kommen werden, deren Ausmaß noch nicht abzusehen ist. Eine technische Nachrüstung der Fahrzeuge würde zwischen 1500 und 3000 Euro kosten und den NO2 Ausstoß um bis zu 70 Prozent reduzieren. Dies würde der Debatte um Fahrverbote zusätzlich Wind aus den Segeln nehmen, da nach einem Update viel weniger Diesel davon betroffen wären. Aktuell weigern sich die Hersteller aber noch eine solche Maßnahme durchzuführen. Einen Standpunkt den wir nicht unterstützenswert finden, dazu Cornelia Ernst (MdEP DIE LINKE): "Die deutschen Autobauer müssen endlich aufwachen, wenn sie nicht in zwei Jahren auf ihrem Autoschrott sitzen bleiben wollen, weil keiner mehr bereit ist Fahrzeuge zu kaufen, die statt sauberer zu werden, immer dreckiger sind.".
Der weitere Verlauf bleibt also spannend und wir werden dranbleiben...


Einen Link mit aktuellen Statistiken zum Thema ist hier zu finden:
https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/luftqualitaet-2017-rueckgang-der

Quellen: ADAC Motorwelt 4/2018 C.C. Eicher; Link: UBA; Bild: dpa

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Nicht ganz sauber

Antriebsarten im Vergleich: Welche hat die beste CO2-Bilanz? Ausgehenden von den bereits erschienenen Berichten zu pluralen Fahrzeugantrieben und die Arbeit an deren Forschung und Entwicklung, geht es nun daran herauszufinden, welcher bei der Emission von Abgasen am besten abschneidet, denn nicht immer heißt Elektro besonders reinlich oder Diesel besonders schmutzig. Bisher lagen zu dieser Thematik allerdings keinerlei valide Vergleichsdaten vor, erst eine umfassende Studie des ADAC ermöglicht nun Einblicke in die Ökobilanz der Fahrzeugtypen.  In die Analyse einbezogen wurden Autoproduktion/Recycling, Bereit- und Herstellung von Kraftstoff bzw. Strom und der Verbrauch bei aktiver Fahrzeugnutzung. Berechnungsgrundlage ist eine Lebensdauer der KFZ von ca. 150.000 km. Nicht mit in die Studie einbezogen und das ist ein großes Manko, wurden der Ressourcenbedarf, sowie andere Luftschadstoffe (z.B. NOX). Nichts desto weniger erscheint die wissenschaftliche Arbeit einen Meilenst...

War da Was?

Von der Kunst zu Überleben oder wie VW trotz Skandalen am laufenden Band immer neue Gewinne schreibt.  "Ja er lebt noch, stirbt nicht", so könnte das aktuelle Motto des Megakonzerns lauten, denn trotz aller Krisen der vergangenen Jahre übersteht das Unternehmen jede dieser mit einem bloßen Wimpern zucken.  Als 2015 alles mit der Offenlegung der Betrügersoftware begann, schien es fast so, als sei dem Unternehmen nie mehr zu helfen und der Untergang nahe. Milliarden- Zahlungen in den USA gegenüber Behörden und Verbraucher*innen, massenweise Rückrufe in Europa und Stress mit der Zulassungsbehörde. Das Ergebnis des Konzerns sah im Jahr 2015 und 2016 entsprechend trübe aus. Doch nach einer kurzen Häutung erholten sich die Wolfsburger ganz schnell und die Verkaufszahlen und Umsätze stiegen wieder. 2017 folgte ein Rekordjahr und auch dieses wird wohl wieder alle bisherigen Ergebnisse überbieten, bis zu 7,5 Prozent Rendite können sich die Anleger*innen erhoffen. Die Zahl ver...

How to say "Musterfeststellungsklage"

Nach langen Jahren des Querstellens von diversen CSU-Ministern, ist der Bann durchbrochen und die Sammelklage wird real. Man einigte sich auf einen Kompromiss, nach welchem Verbraucher*innenschutzorganisationen Klagen von Betroffenen sammeln, und geschlossen zur Anklage bringen können, ohne das Jede*r einzeln den Rechtsweg beschreiten muss. Damit wird eine Riesen Hemmschwelle genommen, sein Recht juristisch einzufordern. Zwischendurch hatte man schon durch diverse Tricks versucht die Regelung ohne das jetzt kommende Gesetz zu umgehen. --> Viel mehr zu dem Thema gibt es in unserem Dieseldossier unter https://www.dielinke-europa.eu/de/article/11790.abgasskandal-in-der-automobilbranche.html