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Wer nicht will der hat schon

Ein Modell, das es eigentlich schon mal gab, könnte jetzt den motorisierten Individualverkehr revolutionieren.


 Bereits 6500 Reservierungen liegen für die Neukonzeption des einstigen BMW Erfolgsmodells Isetta vor, der sich in neuem Gewand Microlino nennt. Alleine 500 Bestellungen gingen auf dem Genfer Autosalon ein, obwohl kurz vorher der Prototyp vom Gabelstapler gefallen war und sich von einer Seite völlig demoliert zeigte. Die Tüftler um Vater Wim Ouboter ließen sich davon jedoch nicht beirren ("Shit Happens" stand an der zerstörten Front), auch wenn der Stromer eigentlich nur als Werbegag gedacht war. Beheimatet ist Wim nämlich in der Produktion von E-Tretrollern.
Doch der deutsche Autokonzern aus München winkte ab, als er das Angebot bekam den E-Flitzer in sein Programm aufzunehmen, obwohl der Isetta den bayrischen Autobauer einst vor dem Ruin rettete. Anfang der 50er nämlich gerieten die Münchner in eine existenzielle Krise. Das Werk in Eisenach war an die Russen gefallen und die Leute hatten kaum Geld für ein neues Auto, außerdem fehlte BMW die Zeit kurzfristig einen Kleinwagen zu entwickeln. Als letzte Chance sah man den Lizenzbau und fand auf einer Automesse dann auch tatsächlich ein vielversprechendes Modell, den Isetta. Er brachte BMW die erhofften Absatzzahlen und geriet zum Kassenschlager. Die "Knutschkugel" war damals in aller Munde, heute zeichnet sich jedoch ein anderes Bild in der Wahrnehmung von BMW.
Einfach zu teuer sei die Entwicklungsphase, für eine voraussichtlich eher geringe Stückzahl, heißt es  in der offizielle Begründung zur Ablehnung der Offerte. Dazu kommt noch, dass der 20,5 PS starke Zweisitzer eher wenig Fahrkomfort bietet, auf eine Federung wird fast vollständig verzichtet, und auch in Sachen Sicherheit muss man ohne Schmankerl wie ABS oder ESP auskommen, denn die sind für ein Fahrzeug dieser Größe ebenso wenig vorgeschrieben wie Sicherheitstest in der Praxis. Für die Entwickler des Flitzers soll das aber alles kein Hindernis darstellen, schließlich sei das KFZ dafür umso leichter, spare Platz und fahre flink um jede Kurve. Seine Reichweite beträgt schon bis zu 215 Kilometern beachtlich, für ein so kleines Gefährt, natürlich schlägt sich das leider auch im happigen Preis von 12.000 Euro nieder. Rein optisch macht der Stromer natürlich auch einiges her, da wird mancher*m Autofahrer*in beim Blick aus dem Fenster schon etwas warm ums Herz. Am Ende fand sich doch noch eine Firma, die sich an der Entwicklung beteiligte und das Projekt gemeinsam mit der Schweizerischen Familie zum Erfolg brachte. Die italienische Firma Tazzari, welche seit zehn Jahren kleine Autos mit Elektroantrieb baut, bezahlte die restlichen Kosten für die Entwicklung und ist dafür nun zur Hälfte am Projekt beteiligt.
Vertrieben werden soll der Microlino im Direktverkauf und über den stationären Handel, die Entwickler aus Zürich wollen eben dort ihren ersten Laden eröffnen und dann nach ganz Europa expandieren, irgendwann vielleicht auch über den großen Teich, doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, oder eben noch ein paar Kilometer zu fahren. Ob BMW eines Tages seine Entscheidung bereuen wird, die Idee von Vater und Söhnen Ouboter abgelehnt zu haben werden wir bald genug erfahren. Begrüßenswert ist die Idee allemal. Sinnvoll scheint es auch der LINKEN kleine Startups und Mittelständler bei ihren Ideen zu unterstützen und Innovationen nach vorne zu bringen, als immer nur den alten Fossilien, die sich einfach nicht von vorgegangenen Vorstellungen verabschieden wollen, das Geld in den Rachen zu schieben.

Quellen: http://www.sueddeutsche.de/auto/microlino-die-isetta-kehrt-zurueck-als-elektroauto-1.4020887; http://www.sueddeutsche.de/auto/jahre-bmw-isetta-kultmobil-mit-kuehlschranktuer-1.2535832; Fotos: https://de.wikipedia.org/wiki/BMW_Isetta

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