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Treffen um zu reden.

Wer hat mitgezählt? Ein neuerlicher Automobilgipfel soll die Wende bringen - mit einem "Masterplan Elektromobilität", den es eigentlich längst gibt.



Kaffe gibt es hier aufs Haus: Bundeskanzleramt
Mittlerweile ist es in der deutschen Wirtschaft- und Verkehrspolitik gute Praxis geworden sich lieber im Verborgenen zu halten. Anstatt öffentlich in Untersuchungsausschüssen oder im Plenum zu diskutieren, treffen sich die ranghöchsten Politiker*innen dieses Landes lieber ganz geheim mit den mächtigen aus der Automobilwirtschaft. Mächtig aber auch nur, weil sie die Politik in den Rang hebt, der ihnen durch diese exklusiven Treffen zugebilligt wird. In der Vergangenheit kamen solche Zusammenkünfte recht häufig vor. Sie firmierten unter Titeln wie "Dieselgipfel" oder "Nationales Forum Automobil". Am Ende jedes dieser Happenings stand ein mehr oder weniger ausgereifter Maßnahmenkatalog zur Reinwaschung der Konzerne. Mal ein paar mehr Ladesäulen hier, dann einige Prämien dort und schon schienen die Wogen wieder für ein halbes Jahr geglättet. Wirksame Veränderungen lassen sich so jedoch nicht erreichen. Erst recht nicht, wenn alle Übereinkünfte lediglich freiwillig sind, denn nur Gesetze können Unternehmen wahrhaft zwingen gewissen Dinge zu tun oder eben zu unterlassen. In diesem Bereich herrscht seit Bekanntwerden des Dieselskandals jedoch Stillstand. Eine verpflichtende Entschädigungszahlung musste bis zum heutigen Tage kein Hersteller an seine geprellten Kund*innen zahlen und auch strengere (möglicherweise sogar von staatlicher Seite) Kontrollen  sucht man* vergebens. 
Im heißen Frühsommer 2019 sollte nun eine neuerliche Runde der Chefs von VW, BMW und Daimler, den Top-Leuten des VDA und natürlich Merkel, Scheuer und Co für Zündstoff sorgen. Der speiste sich weniger aus konkreten Inhalten, welche nach Beendigung der illustren Runde aus dem Kanzlerinnenamt drangen, sondern vielmehr aus den nichtssagenden Floskeln, mit denen sich die Politiker*innen und Lobbyvertreter*innen zitieren ließen. Einigkeit herrschte vor allem über das gute Gesprächsklima, dass dann doch deutlich besser ist als das tatsächliche außerhalb des Konferenzraums und auch ein hübscher neuer "Masterplan Elektromobilität" soll nun erarbeitet werden. Vorbilder dafür gibt es bereits genug,  umgesetzt wurde bisher aber kein einziger. Weder sind eine Millionen E-Autos auf der Straße, noch gibt es für die paar Hunderttausend vorhandenen ausreichend Ladekapazitäten. 
Hatten schon immer gut Lachen: Merkel und die Autobosse
Weder Industrie noch Bundesregierung haben bisher substanziell zu einer Entschärfung der Krise beigetragen. Auf der einen Seite drohen Milliardenstarfen sollten die Hersteller ihre Abgasreduktionsziele der EU nicht einhalten können, auf der anderen Seite fehlt den Menschen das Geld, Vertrauen und der Anreiz in neue, klimafreundliche Vehikel zu investieren. Durchgreifen will keine der beiden Seiten und der Markt scheint in diesem Falle eindeutig Fehlallokation und Fehlanreize zu schaffen, welche eher zur Manifestierung des Defekts, anstatt zu seiner Entschärfung beitragen. In den nächsten zwei Jahren muss der radikale Wandel vollzogen werden, ansonsten sieht Deutschland, sieht die Automobilindustrie mit ihren 800.000 Beschäftigten und sehen auch die Verbraucher*innen alt aus. Verbindlichkeit und Ambition sind das Credo der Stunde, wenn noch eine vernünftige Trendwende, wie sie DIE LINKE. seit jeher fordert, geschafft werden soll. Jetzt sind sie am Zug Herr Scheuer, Krüger und Diess. Ihr Wagen wartet schon. 



Quellen: https://www.sueddeutsche.de/auto/autogipfel-elektromobilitaet-politik-auto-1.4503253; Fotos: Von Holger Weinandt - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=24496273; Von RudolfSimon - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27969532

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