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Power-to-X - im Moment noch ganz schön kraftlos

Mit E-Fuels soll der Übergang zum umweltfreundlichen PKW-Verkehr geschafft werden, doch dieser gestaltet sich holpriger als gewünscht.



Die Grünen wetterten erst kürzlich im Bundestag, dass der Einsatz von E-Fuels teuer und ineffizient sei. Doch mit dieser plumpen Aussage ist der sonst von uns geschätzte MdB Oliver Krischer etwas ins Abseits geraten, denn die CO2-neutralen Kraftstoffe sind keineswegs nur Utopie. Es gibt bereits heute mehrere erfolgreiche Startups in Deutschland, die sich auf die Herstellung solcher Kraftstoffe spezialisiert haben. Allein die Massenproduktion stellt noch eine Hürde dar, die der Markteinführung im Wege steht. Und auch die Großen, wie Daimler, Audi und BMW arbeiten emsig an Anlagen zur Gewinnung der Benzin- und Dieseläquivalente und an Fahrzeugen, die diese optimal nutzen können. 
Aktuell fristen die E-Fuels (Englisch für Kraftstoffe, das E steht für Erneuerbare Energien) noch ein absolutes Nischendasein und dringen kaum an die Öffentlichkeit. Dabei sind alle in den letzten Jahren verkauften Neuwagen schon kompatibel mit den von ihrer chemischen Grundstruktur her zu Benzin und Diesel fast identischen Treibstoffe. Auch die Infrastruktur, etwa Tankstellen und Pipelines, könnten für den Transport und die Verbreitung genutzt werden, nur gibt es bisher keine einzige Tankstelle, an der die neuartigen Produkte zu erwerben wären. Preislich würde so manchem sicherlich vor Schreck der Zapfhahn aus der Hand gleiten, denn nach aktuellen Berechnungen kostet ein Liter des umweltfreundlichen Gemischs zwischen 2 und 4 Euro, je nachdem, ob die EEG-Umlage bei der Herstellung des Kraftstoffs angerechnet würde oder nicht. In einer Umfrage hingegen äußerten die Befragten, dass sie mehrheitlich nicht bereit wären, mehr auszugeben, als im Moment für einen Liter Superbenzin, zeigten sich aber ebenso deutlich offen für die Markteinführung eines solchen Kraftstoffes. 
Hier noch nicht zu kaufen - eine Tankstelle
Das Produkt ist vor allem deshalb so teuer, weil es in seiner Herstellung extrem viel Energie benötigt und damit einen recht geringen Wirkungsgrad aufweist. Dies hängt damit zusammen, dass eben der regenerative Strom nicht direkt zum Betrieb des Fahrzeuges genutzt wird, sondern, um aus Wasser Wasserstoff zu extrahieren und mittels diesem und CO2 aus der Luft Gas herzustellen, welches dann als Antriebsstoff für den PKW eingesetzt werden kann. Die sogenannte Fischer-Tropsch-Synthese ist dabei gar nichts neues, sondern wurde schon vor 100 Jahren entwickelt, um Dank H2O-Elektrolyse und Synthese Methan oder flüssige Kraftstoffe herzustellen. Für eine Leistung von 100km Fahrstrecke werden jedoch 103 kWh benötigt, zum Vergleich, bei einem batteriebetriebenen E-Auto sind es nur 15 Kilowattstunden. Deshalb sind die E-Fuels vor allem in der Luft und auf dem Wasser, wo der flächenmäßige Einsatz von Lithium-Ionen-Akkus schwierig ist, interessant, doch als alternative Übergangstechnologie für alle 60 Millionen noch auf deutschen Straßen befindlichen PKW mit herkömmlichen Benzin- oder Dieselmotor, müssen sie unbedingt stärker in den Fokus genommen werden. 
durch den Zapfhahn soll es fließen
DIE LINKE setzt sich deshalb dafür ein, dass die staatliche Förderung für E-Fuel-Anlagen massiv ausgebaut wird, eine Subventionierung, ähnlich wie bei E-Autos muss in Betracht gezogen werden und die Forschung, etwa am Karlsruher Institut für Technologie, bedarf deutlich mehr Zuwendungen. Nur so können die Klimaziele der Bundesregierung, den CO2-Ausstoß im Verkehr bis 2030 um 40% zu senken, erreicht werden. Die Union hat sich außerdem schriftlich schon zu den Power-to-X-Verfahren bekannt, ebenso wie der CSU-Verkehrsminister Andi Scheuer. Bei unseren Nachbarn in der Schweiz geht nächstes Jahr die erste Großanlage für 400.000 Liter jährlich an den Start, betrieben und entwickelt von einer deutschen Firma. Warum geht das nicht auch hierzulande? Audi hat schon seit einigen Jahren eine Gasgewinnungsanlage, bei der Methangas hergestellt wird, in Betrieb und kann damit sparsamere und sauberer Kraftstoffe anbieten. 
Zudem könnte mit den E-Fuels, wenn auch bisher nur in theoretischen Erwägungen, eines der drängendsten Probleme Erneuerbarer Energien gelöst werden, nämlich deren Transport ohne große Verluste und die Speicherung, aufgrund der unregelmäßigen Energiegewinnung aus Wind und Sonne. 


Quellen: "Tanke für diesen guten Morgen" A. Gras, LVZ 7./8.9.2019; Fotos: Von joho345 - Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2429607; Von Die Autorenschaft wurde nicht in einer maschinell lesbaren Form angegeben. Es wird CrazyD als Autor angenommen (basierend auf den Rechteinhaber-Angaben). - Die Autorenschaft wurde nicht in einer maschinell lesbaren Form angegeben. Es wird angenommen, dass es sich um ein eigenes Werk handelt (basierend auf den Rechteinhaber-Angaben)., CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=212391

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