Nahverkehr in Zeiten einer alternden Gesellschaft
Iveco baut Busse - schon seit 70 Jahren |
Neulich fahre ich mit einem Bus durch den Harz und sehe ein interessantes Hinweisschild im Inneren des Fahrzeugs, auf dem steht "kein Rollatorenparkplatz". Im ersten Moment etwas amüsiert, scheint sich nach einigem Nachdenken jedoch ein großes Problem aufzutun, mit dem die hiesigen Nahverkehrsunternehmen zunehmend konfrontiert sind: alte Menschen. Das soll gar nicht abfällig klingen, doch schaut man* sich die Nutzer*innenzahlen im ÖPNV an, wird schlagartig klar, dass es eben diese Gruppe von Personen ist, die neben Schüler*innen besonders häufig in Bus und Bahn steigt. Vor allem in ländlichen Regionen sind sie auf den Zubringerverkehr ins nächste Mittelzentrum angewiesen, da Autofahren meist nicht mehr ohne weiteres möglich ist.
Iveco ist deshalb mit dem "Easy-Bus" an den Start gegangen, der sich rühmt besonders barrierearm zu sein. Anstatt eines Verbots für rollende Gehhilfen, gibt es dort explizite Rollatorenplätze, außerdem finden sich tiefer gelegte Sitze und helle Orientierungsmarkierungen im Fahrzeug, die den Trip so angenehm wie möglich machen sollen. Da die neuen Flotten dieser Art Busse noch nicht lange im Einsatz sind, gibt es bisher keine validen Daten zur Zufriedenheit der Benutzer*innen mit den Fahrzeugen des italienischen Herstellers, doch die Erwartungshaltung ist groß. Und nicht nur diese, auch die Einstiegstüren sind deutlich größer als das bei einem normalen Linienbus der Fall wäre und schließlich ist da auch noch die ausklappbare Rampe für all jene, die den Höhenunterschied zwischen Bordsteinkante und Bus nicht ohne weiteres stemmen können, zumal viele Haltestellen noch nicht barrierefrei ausgebaut sind. Mittlerweile im Alltag angekommen, ist die so genannte "Keeling-Funktion", bei der die Busse am Haltepunkt etwas abgesenkt werden können. Das dauert zwar ein paar Sekündlichen länger, geht jedoch immer noch weitaus schneller, als wenn die Busfahrer*innen erst jedes Mal manuell die Rampe ausklappen müssen.
Rollt auch: Rollator - Typ Standardmodell |
Nicht nur die Barrieren an Fahrzeugen und Haltestellen sind ein Problem, auch die undurchsichtigen Fahrpläne und Tarifsysteme sind für so manch betagte*n Mitbürger*in eine Herausforderung. Dafür bieten Städte wie München oder Aachen spezielle Schulungen an und arbeiten mit Einrichtungen für ältere Leute zusammen. In manchen Landkreisen, so etwa in Teilen Bayerns, können Senior*innen sogar monate- oder jahrelang kostenlos einsteigen. Bei 13 Millionen potenziellen Kund*innen kein schlechter Anreizmechanismus, allerdings mangelt es häufig am attraktiven Angebot, damit die Menschen wirklich umsteigen. Das ist aber ein ganz anderes Kapitel.
Quellen: https://www.sueddeutsche.de/auto/bus-bahn-nahverkehr-senioren-1.4730045; Foto: Von Bestrossi - Selbst fotografiert, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10657130; Von Stefan Puscasu - http://ratb.stfp.net/index.cgi?ttx=Au, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=845016
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