Direkt zum Hauptbereich

Was hätte er getan?

Der einstige Patriarch des VW-Imperiums ist seit einem halben Jahr tot. Wie hätte er die aktuelle Krise gemeistert?

Ferdinand Piech 2008 - natürlich
mit Akten 
Spätestens mit dem Verkauf seiner Aktienanteile an der Porsche SE, die als Holding die Mehrheit am VW-Konzern hält, verabschiedete sich Ferdinand Piech nach 22 Jahren aus dem Großkonzern. Zuvor war er in einem Machtkampf mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn, der eine Allianz mit dem Land Niedersachsen und Betriebsratschef Bernd Osterloh knüpfte, unterlegen. Letztgenannter schätzt den mit 82 Jahren verstorbenen Enkel von Käfer-Entwickler Ferdinand Porsche trotzdem sehr. 
Vor allem weil er es Anfang der 1990er Jahre, als er in das marode Unternehmen einstieg, tausende Arbeitsplätze rettete. Er führte die Vier-Tage-Woche ein. Dieses Instrument würde wohl jetzt als Kurzarbeit bezeichnet und wird auch gerade von VW wieder praktiziert. Nur geht in der Corona-Krise kein VWler zur Arbeit. Die 60% Kurzarbeiter*innengeld stocken die Wolfsburger auf. 30.000 Angestellte sind im Home-Office. Der Produktionsstopp wurde bis nach Ostern verlängert. Das gilt auch für die Konzerntochter, etwa Audi, wo Piech den Vorstand führte, ehe er zu Volkswagen wechselte und auch bei Porsche, wo er einstweilen im Aufsichtsrat saß. 
Der Ehrenbürger von Zwickau und einstige Honorarprofessor an der westsächsischen Hochschule war dem Osten und insbesondere Sachsen immer sehr verbunden. Nicht ohne Grund brachte er das VW-Prestigeprojekt Gläserne Manufaktur 2002 in die Landeshauptstadt des Freistaates. Der VW-Aufsichtsratsvorsitzende meinte dazu, dass sein Unternehmen gern da sei, "wo man uns gern hat". 
Sein Reich: Stammwerk und Zentrale Wolfsburg 

Ihn hingegen hatte nicht viele so gern. Der Führungsstil des Milliardärs wurde einst als "Nordkorea minus Arbeitslager" betitelt. Er habe aber auch nur ein begrenztes Harmoniebedürfnis, meinte der einst mächtigste Mann an der Spitze des Aufsichtsrates von VW selbst. Ob er in der Zeit von Covid-19 auch so entschieden gehandelt hätte? Immerhin verliert der Autobauer am Tag mehrere Millionen Euro durch Umsatzeinbußen und Zwangspause. 
Das er den Krisenstab, der nun täglich zusammen kommt, geleite hätte, steht wohl außer Frage. Den rigorosen Produktionsstopp hätte auch er wohl schweren Herzens mitgetragen. VW zögerte lange in diesem Punkt, mittlerweile machen sich die Konzernspitzen Gedanken, wie sie die Mitarbeiter*innen schützen können, sobald diese an die Bänder zurück können. Ein Weg ist die eigene Herstellung von Schutzausrüstung. Innovativ, dass hätte Piech gefallen. Die Grenzschließungen wären dem gebürtigen Österreicher wohl fremd gewesen, schließlich brechen dadurch internationale Lieferketten zusammen. Allein VW ist mit eigenen Werken an neun Standorten in fünf Ländern vertreten, dazu kommen zahlreiche Zulieferbetriebe. Vielleicht ist es besser, das Ferdinand Piech, der den Volkswagen-Konzern einst wieder rentabel machte und die Aktionär*innen mit fetten Renditen beglückte, diese Krise nicht mehr miterleben muss. 




Quelle: LVZ 28.8.2019 "Der Patriarch mit der harten Hand: Pech prägte den Volkswagen-Konzern, https://www.welt.de/wirtschaft/article206966025/VW-in-der-Corona-Krise-Wir-koennen-von-China-und-Suedkorea-lernen.htmlFotos: Von Stuart Mentiply - Eigenes Werk, GFDL 1.2, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3602986; Von Richard Bartz - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=21197084

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Luft rauslassen

Die Automobile Welt in der Post-Corona-Zeit oder doch noch mittendrin. Mit jedem einzelnen der 5400 Beschäftigten, geht das Leipziger BMW-Werk wieder an den Start. Bilder wie beim Fleischverwurster Tönnies will die Betriebsleitung hier unbedingt vermeiden. Deshalb setzt der Chef des sächsischen Werkes auf umfangreiche Schutzmaßnahmen, so etwa 100 Meter Plexiglasscheiben, die sich über das gesamte Werk verteilen. Dazu kommen ein verkürztes Zwei-Schicht-System und ausreichend Abstand zwischen den Mitarbeitenden. Das hat zur Folge, dass im Moment statt den üblichen über 1000 Fahrzeugen nur 650 vom Band rollen. Die wirkliche Ursache liegt jedoch nicht in den Hygieneregeln, sondern darin begründet, dass der Absatz bei BMW um die Hälfte eingebrochen ist und das weltweit. Wann es wieder bergauf geht, kann noch nicht gesagt werden. Es hängt sicher auch von der Wirksamkeit des von der Bundesregierung beschlossenen Elektroauto-Konjunkturpakets ab.  BMW in Leipzig: Jetzt wieder mit ...

Kauflaune im Schneckentempo

Die Autoverkäufer*innen in der Krise. Auch die Autohäuser dürfen dieser Tage ihre Pforten wieder öffnen. Doch bloß, weil jetzt wieder Wagen vom Hof rollen können, heißt das nicht, dass auch die Kundschaft den Weg in die Verkaufsräume findet. Die Absatzzahlen der Händler*innen brachen in den letzten Monaten um bis zu drei Viertel ein. Viele Unternehmer*innen sahen ihre Liquiditätsreserven sukzessive dahinschmelzen. Wer nicht gut vorgesorgt hatte, dem blieben nur ein Kredit oder die Insolvenz.  Eine Abwrackprämie, wie sie bereits vielfach von der Autolobby bei Geheimgesprächen im Kanzlerinnenamt gefordert wurden, lehnen die Autoverkäufer*innen jedoch kategorisch ab. Sie haben bereits nach der ersten Zahlung dieser Art im Zuge der Finanzkrise 2009 schlechte Erfahrungen machen müssen. So bezeichnet ein Leipziger Autohausbesitzer die Abwrackprämie als „den größten Blödsinn“. Damals hätten sich alle einen Neuwagen zugelegt und danach wäre absolute Flaute gewesen. Stehen, dami...

Wie sauber darf es sein?

Während die Erderwärmung voranschreitet, streiten Expert*innen noch immer über die richtige Antriebsart als Antwort darauf Hätte Rudolf Diesel seinerzeit gewusst, welches Explosionspotenzial in seinem Selbstzünder steckt, er hätte sich dessen Entwicklung wohl zweimal überlegt. Dass die Tage des Dieselmotoren über kurz oder lang gezählt sind, dürfte mittlerweile jeder*m klar geworden sein. Natürlich, seine Energiedichte ist hervorragend und so schlägt er den Benziner bei Abgaswerten um Längen. Wären da nicht die Stickoxide, denen zwar mit chemischen Katalysatoren ein bisschen Volumen genommen werden kann, deren Bändigung aber auch entsprechend teuer ist. Die Grenzwerte geben eine Weiterentwicklung der Technologie langsam nicht mehr her und so bleibt nur, sich um eine Alternative zu bemühen. Einer der ersten Hybridwagen von Porsche  Ganz vorne im Rennen um die Technologie der Zukunft, bewegen sich die klassischen Elektroautos. Sie gibt es heute schon Serie und dank des ID....