Direkt zum Hauptbereich

Fahrverbote und Sprechverbote

Wie sinnvoll sind Fahrverbote und macht Stickoxid überhaupt krank? - Von einem niemals enden wollenden Streit


DEHH070 und DEHH026 waren vielleicht nicht die Auslöser dieses Streits, aber wohl seine erste spürbare Konsequenz. Hinter den Kennungen verbergen sich jene zwei Hamburger Straßenabschnitte, welche im vergangenen Sommer als erste in Deutschland für ältere Diesel zum Zwecke der Luftreinhaltung gesperrt wurden. Ein Novum in der Bundesrepublik, als Sieg von Umweltschützer*innen gewertet, als Ende der Automobilen Freiheit von Dieselfans beschrieen. Am Ende musste sich der Staat dem Urteil des Gerichtes beugen und die Einfahrverbote umsetzen, in der Hoffnung, es würde sich eine Verbesserung der Luft an den dort befindlichen Messstationen einstellen. Leider passierte genau das in der Stresemannstraße und der Max-Brauer-Allee allerdings nur bedingt. In den ersten Monaten nach Einführung der Prohibition lagen die gemessenen Werte nur teilweise unter denen, die noch vor den Fahrverboten an der gleichen Stelle ausgewertet wurden. So sind die EU-weiten Grenzwerte von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft sogar partiell gerissen wurden. Man erklärte sich das vor allem mit dem heißen Sommer und Autofahrer*innen, welche die Verbote nicht beachteten. Die niedrigeren Werte des Vorzeitraumes begründete man mit einer längeren umfangreichen Sperrung in diesem Bereich. Allen Erklärungsversuchen zum Trotz lässt sich sicher über die Sinnhaftigkeit einer Sperrung auf ein paar hundert Metern streiten, fest steht aber, dass nur ein radikaler Wandel in der Verkehrspolitik, z.B. durch die massive Erhöhung des Anteils an grünen Verkehrsteilnehmer*innen (z.B. mit Rad und ÖPNV), die Werte zugunsten der Gesundheit und der Umwelt wirklich senken kann. 
Manchmal muss man gar nicht messen,
um den Schmutz zu fassen
Ungeachtet der Tatsache trat zum neuen Jahr auch in der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart ein Fahrverbot in Kraft, im April folgt Köln und ab Sommer dann auch die A40 durch Essen. Die langfristige Entwicklung, bzw. Wirksamkeit lässt sich erst beurteilen, wenn verschiedene Abschnitte über die Periode von wenigstens einem Jahr untersucht wurden sind. Im gleichen Atemzug wird auch immer wieder gefordert die Messstationen zu verschieben, und somit günstigere Werte zu erreichen. Die berüchtigte Station in Stuttgart etwa steht direkt eingeklemmt an einer Hauswand in unmittelbarer Nähe einer Kreuzung. Alternative Messungen auf der anderen, am Park gelegen Seite, ergaben deutlich geringere Abgasmesswerte. Sogar in Leipzig, dass eigentlich häufig die Grenznormen erfüllt brach jüngst eine Debatte über die Position der Messstation los. Oft mangelt es aber an alternativen Standorten und auch die Beachtung der EU-Vorgaben, u.a. zum vorgeschriebenen Abstand zur Straße, spielen bei den Erwägungen der Behörden eine wichtige Rolle. 
schon in den 80ern wurde die Luftverschmutzung mit
technischem Know-How erfasst
Während die Einen um die Maßnahmen zur Bekämpfung der mutmaßlich schädlichen Abgase, wie Stickoxide und Co streiten, bezweifeln Andere gänzlich deren krankmachende Wirkung. Bereits Ende letzten Jahres sorgte der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) für Aufsehen, indem er die gesundheitsschädliche oder gar tödliche Wirkung, wie sie z.B. vom Umweltbundesamt immer wieder in verlorenen Jahren der deutschen Bevölkerung ausgedrückt wird, von Stickoxid in Zweifel stellte, indem er u.a. das Beispiel in den Ring warf, allein ein Adventskranz blase 200 Mikrogramm pro Kubikmeter in die Luft, die Grenzwerte seien daher an den Haaren herbei gezogen. Seine Thesen wurden von mehr als 100 weiteren Lungenärtz*innen erst vergangene Woche mittels einer schriftlichen Erklärung unterstützt. Derweil distanziert sich der Verband selbst von solchen Äußerungen, dazu ein renommierter Forscher auf diesem Gebiet, der Professor vom Helmholtz Zentrum München Holger Schulz: "Die Wissenschaft kann keinen Grenzwert nennen, unterhalb derer eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen ist." Nun will die Bundesregierung selbst in einer Studie die Auswirkungen untersuchen lassen, Ergebnis offen. 

Quellen: http://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Die-Abgasmessung-Am-Hallischen-Tor-entspricht-nicht-den-EU-Vorgaben; https://rp-online.de/leben/auto/diesel-fahrverbote-verkehrsgerichtstag-fuer-ueberpruefung-der-grenzwerte_aid-35551907; LVZ 29./30.12.18, T. Fuchs, "Dicke Luft"; Foto: Von Bundesarchiv, Bild 183-1989-1113-003 / Grubitzsch (geb. Raphael), Waltraud / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5347609; Von Zakysant, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=428277

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Nicht ganz sauber

Antriebsarten im Vergleich: Welche hat die beste CO2-Bilanz? Ausgehenden von den bereits erschienenen Berichten zu pluralen Fahrzeugantrieben und die Arbeit an deren Forschung und Entwicklung, geht es nun daran herauszufinden, welcher bei der Emission von Abgasen am besten abschneidet, denn nicht immer heißt Elektro besonders reinlich oder Diesel besonders schmutzig. Bisher lagen zu dieser Thematik allerdings keinerlei valide Vergleichsdaten vor, erst eine umfassende Studie des ADAC ermöglicht nun Einblicke in die Ökobilanz der Fahrzeugtypen.  In die Analyse einbezogen wurden Autoproduktion/Recycling, Bereit- und Herstellung von Kraftstoff bzw. Strom und der Verbrauch bei aktiver Fahrzeugnutzung. Berechnungsgrundlage ist eine Lebensdauer der KFZ von ca. 150.000 km. Nicht mit in die Studie einbezogen und das ist ein großes Manko, wurden der Ressourcenbedarf, sowie andere Luftschadstoffe (z.B. NOX). Nichts desto weniger erscheint die wissenschaftliche Arbeit einen Meilenst...

War da Was?

Von der Kunst zu Überleben oder wie VW trotz Skandalen am laufenden Band immer neue Gewinne schreibt.  "Ja er lebt noch, stirbt nicht", so könnte das aktuelle Motto des Megakonzerns lauten, denn trotz aller Krisen der vergangenen Jahre übersteht das Unternehmen jede dieser mit einem bloßen Wimpern zucken.  Als 2015 alles mit der Offenlegung der Betrügersoftware begann, schien es fast so, als sei dem Unternehmen nie mehr zu helfen und der Untergang nahe. Milliarden- Zahlungen in den USA gegenüber Behörden und Verbraucher*innen, massenweise Rückrufe in Europa und Stress mit der Zulassungsbehörde. Das Ergebnis des Konzerns sah im Jahr 2015 und 2016 entsprechend trübe aus. Doch nach einer kurzen Häutung erholten sich die Wolfsburger ganz schnell und die Verkaufszahlen und Umsätze stiegen wieder. 2017 folgte ein Rekordjahr und auch dieses wird wohl wieder alle bisherigen Ergebnisse überbieten, bis zu 7,5 Prozent Rendite können sich die Anleger*innen erhoffen. Die Zahl ver...

Erfindergeist oder Erfinder im Geiste?

Angeblich sollen die Deutschen Vorreiter bei Patenten für grüne Mobilität sein - doch wie viel zählt das wirklich? Hier soll Deutschland führen: Patente für E-Mobilität Die Sensationsnachricht über einen Lithium-Ionen-Akku, der innerhalb von sechs Minuten voll aufgeladen sein soll, kam zunächst nicht aus Deutschland. Stattdessen war es ein Entwickler*innenteam um Dr. Jean de la Verpilliere, dass diesen Quantensprung in der Elektromobilität geschafft haben will. Das Mehrkomponentengemisch, welches die Wissenschaftler*innen aus Cambridge entwickelt haben, müsse nur in einen herkömmlichen Akku eingefügt werden, um die gewünschte Ladezeitverkürzung zu erreichen. Der Schlüssel zum Erfolg ist es, die schnell entzündlichen Materialen - etwa Graphit - durch weniger entzündliche Stoffe zu ersetzen, um so bei hoher Ladespannung Kurzschlüsse und damit Akkubrände zu verhindern. Allerdings ist das Pulver noch nicht am Markt erhältlich, da sich die Produktion auf ein Kilo am Tag beschränkt, w...