Martin Winterkorn, einst mächtiger Chef des VW Konzerns, kann sich nicht mehr aus der Schlinge befreien.
Seine Rolle im Abgasskandal ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt, wann genau Winterkorn von den Manipulationen der Abgaswerte wusste blieb bis zum heutigen Tag im Verborgenen und auch er selbst hat sich seit seiner offizielle Anhörung vor Gericht nicht mehr zu den Vorgängen geäußert. Die Indizienlage deutet jedoch darauf hin, das Winterkorn bereits im Sommer vor Bekanntgabe des Dieselskandals im September 2015, von den Tricksereien gewusst haben muss. Dies bezeugen Sitzungsdokumente und die Hausnotizen, welche häufig für Winterkorn erstellt wurden, um ihn über aktuelle Vorgänge in den Wolfsburger Fluren zu informieren. Auch an den Manipulationen und den Beratungen beteiligte Personen bestätigen, dass der Ex-VW-Manager schon früher, als er selbst behauptet, im Bilde gewesen sein muss.
Erst vor wenigen Tagen kam heraus, dass der ehemalige Leiter der Motorenentwicklung bereits in einem Gespräch im Mai 2015 mit Winterkorn über etwaige Unregelmäßigkeiten bei der Abgassteuerung informiert haben will. Allerdings hat sich bisher kein anderer im Verfahren Beschuldigter in einer ähnlichen Weise geäußert, nur ein weiteres Mitglied des Entwickler*innenteams bestätigt die Aussage. Der ehemalige Firmenpatriarch Ferdinand Piëch meint sogar, Winterkorn habe schon 2007 mündlich übermittelt bekommen, dass in den USA mit der Abgasreinigung etwas nicht stimme. Bis Oktober haben die Beklagten noch Zeit, zu den 18.000 Seiten umfassenden Bericht der Braunschweiger Justiziar*innen Stellung zu beziehen.
Als wäre dies nicht schon belastent genug, droht dem promovierten Metallphysiker jetzt weiteres Ungemach, denn die Staatsanwaltschaft Braunschweig, die sich für VW zu so etwas wie dem Dämon der Justiz entwickelt hat, erhebt neuerliche Vorwürfe gegenüber dem 71jährigen, angeblich soll er Steuern im fünf-stelligen Bereich hinterzogen haben.
Begründet wird dies mit sieben Aktenordnern, welche auch an die Anwält*innen zahlreicher Kläger*innen im Dieselskandal versandt wurden. Die Unterlagen gerieten dabei an die "BamS", welche die Vorgänge im Folgenden öffentlich machte. Nun will der persönliche Anwalt Winterkorns selbst Strafanzeige gegen die Staatsanwaltschaft erstatten. Der Vorwurf, den Felix Dörr der Justiz macht, ist der Verrat von Steuergeheimnissen. So zeiget er sich entsetzt über die Vorgänge, welche seinen Mandanten betreffen.
Von den eigentlichen Vergehen dürfte dies aber nur marginal ablenken, denn Winterkorn soll 10 Millionen Euro in die Schweiz überwiesen haben, was Weißgott nicht wenig ist. Allerdings scheint das vom Ehepaar Winterkorn angewandte Steuersparmodell (bei diesem fällt keine Schenkungssteuer an) rechtlich sauber zu sein, denn alle Vorgänge liefen über offizielle Konten, die Verschiebung fand via einer Firma des Steuerberaters von Winterkorn statt. Dennoch bleiben viele Fragen offen, z.B. ob das Geld dem einstigen ersten Mann im Hause VW als Notnagel für schlechte Zeiten dienen sollte, falls es zu größeren monetären Forderungen gegen ihn im Dieselverfahren kommen sollte.
Zu konstatieren bleibt, dass Martin Winterkorn auch weiterhin ein Buch mit mehr als nur sieben Siegeln zu sein scheint. DIE LINKE fordert deshalb, dass sich Winterkorn endlich umfassend zu den Vorgängen, welche sich unter seiner Ägide im Unternehmen abgespielt haben, äußert und so das Dunkel wenigstens etwas erhellen mag. Das Komplott des Schweigens muss durchbrochen werden, im Sinne des Gesetztes, im Sinne der Menschen und im Sinne des Unternehmens selbst.
Quellen: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ermittlungen-staatsanwaltschaft-stellt-winterkorn-bloss-1.4073954; https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Winterkorn (auch Foto); http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/diesel-affaere/vw-skandal-zeugenaussagen-lenken-blick-wieder-auf-winterkorn-15711135.html
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