Das Europäische Parlament fordert drastische CO2-Reduktion bei KFZ
Hat entschieden: EP in Straßburg |
Die wartenden Journalist*innen in den Gängen des Straßburger Europaparlamentes wirken noch etwas ungläubig, als die Abstimmungsergebnisse der Abgeordneten über die Bildschirme flackern. Sie sprechen sich mit klarer Mehrheit dafür aus, dass bis zum Jahr 2030 die CO2-Emissionen von PKW um 40 Prozent reduziert werden müssen und dass im Vergleich zum noch in der Zukunft liegenden Jahr 2020. Dies zeichnet einen deutlich strengeren Referenzrahmen, als die bisherigen Jahre, deren Werte als Bezugsgrößen herangezogen wurden. Damit die Hersteller nicht erst in letzter Sekunde reagieren und dann womöglich die Umstellung in letzter Sekunde verschlafen, wird auch ein Zwischenziel vorgeschlagen, bei welchem sich die Emissionswerte des Klimakillers Kohlenstoffdioxid bis 2025 um 20 Prozent reduzieren sollen. Parallel dazu wird eine weitere Quote eingeführt, so werden die Automobilhersteller verpflichtet, ebenfalls bis 2030, beim Verkauf von Neuwagen einen Anteil von mindestens 35 Prozent mit (fast) Null-Emissionen zu erreichen.
Zufrieden: verkehrspolitischer Sprecher der Sozialdemokraten im EP Ismail Ertug |
Die Reaktionen auf das Ergebnis der Abstimmung in der französischen Stadt nahe der deutschen Grenze sind verhalten, vor allem die Autobauer warnen, diese Maßnahmen könnten womöglich tausende Jobs kosten und kämen Zwangsmaßnahmen gleich, auf die man so schnell keine angemessene Antwort finden könne, insbesondere im Hinblick auf die "Einführung einer Quote für Null-Emissionsfahrzeuge." So sieht auch der Chef des mächtigen deutschen Verbandes der Automobilindustrie Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze dahinschwinden. Er bezeichnet den Vorschlag des Parlamentes als völlig überzogen, nach seinem dafürhalten reichen die Vorschläge der Kommission aus, um die in Paris vereinbarten Klimaziele problemlos zu erreichen. Die Kommission unter Jen Claude Junker und seinem Umweltkommissar Kramen Vella, hatte eine Reduktion um 30 Prozent vorgeschlagen.
Unzufrieden: VDA-Chef Mattes |
Umweltverbände hingegen sind die Zahlen und Verbindlichkeiten, die jetzt von den Volksvertreter*innen beschlossen wurden, immer noch zu lasch. So sieht beispielsweise der BUND die technisch realisierbare Möglichkeit im gleichen Zeitraum die CO2-Emissionen um 60 Prozent zu reduzieren, ohne dafür Wunderwerke vollführen zu müssen. Auch die Grünen im EP unterstreichen diese Aussage und sehen die jetzige Einigung als eher lasch an, ihre Vorschläge für noch strengere Grenzwerte wurden jedoch ebenso abgewiesen, wie die des Umweltausschusses.
Bisher gelten die Abgasziele für CO2 bis zum Jahr 2021, in welchem dann nur noch 95g/km ausgeblasen werden sollen, allerdings liegen die aktuelle Werte noch deutlich darüber. Schuld sind vor allem die leichten Nutzfahrzeuge, für welche nun bald auch strengere Vorgaben gelten sollen, denn sie sind im Transportsektor die größten Abgassünder.
Wie es am Ende wirklich ausgehen wird, muss die Verhandlung zwischen Rat, Kommission und Parlament zeigen. Morgen will auch der Umweltminister*innenrat der EU seinen Standpunkt präsentieren, der nach Prognosen wohl hinter dem des Parlamentes zurückbleiben dürfte und das liegt nicht zuletzt am Druck der deutschen Bundesregierung unter Angela Merkel und Verkehrsminister Scheuer, die sich schon seit längerem offen als Laufmädchen und Laufbursche der Autoindustrie präsentieren.
Andere Länder sind da längst weiter und pfeifen auf die Entscheidungen aus Brüssel und Straßburg. So will Norwegen ab 2025 gar keine Fahrzüge mit Verbrennungsmotor mehr neu zulassen, Dänemark bekennt sich zu einem Ausstieg ab 2030, Frankreich will 2040 nachziehen. Die Liste ließe sich auch noch weiter fortsetzten (siehe dazu auch Diesel Dossier).
DIE LINKE fordert jetzt, sich auf diesem Ergebnis, welches ja eigentlich noch keines ist, nicht auszuruhen, sondern in den nun anstehenden Trilogen für eine ambitionierte Einigung zwischen den drei EU-Institutionen zu kämpfen, damit am Ende nicht wieder die Industrie, sondern die Menschen und die Umwelt als Gewinner vom Platz gehen. Cornelia Ernst wünscht ihren Kolleg*innen im ENVI (Umweltausschuss des EU-Parlaments), die von linker Seite die Verhandlungen begleiten werden, viel Erfolg und Durchsetzungsvermögen.
Quellen: https://www.welt.de/wirtschaft/article181755606/EU-Parlament-will-schaerfere-CO2-Grenzwerte-fuer-Autos-Industrie-sieht-Jobs-in-Gefahr.html; https://www.sueddeutsche.de/politik/autoindustrie-eu-parlament-fordert-drastische-senkung-der-co-emissionen-1.4154953; Fotos: Von RudolfSimon - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27357430; Von Nutzungsrechtinhaber: Ismail Ertug - Ismail Ertug, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=67410552
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