Direkt zum Hauptbereich

Fünf Männer und ein Halleluja

Porsche erweitert seine Produktion in Leipzig und setzt dabei voll auf Elektro


Leipziger Original: Porsche-Ufo
Einträchtig wie selten stehen fünf Herren aus Wirtschaft und Politik gemeinsam am Grundstein des neuen Karosseriewerks in Leipzig. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), Betriebsratschef Knut Lofski, Produktionsvorstand Albrecht Reimold und Werksleiter Gerd Rupp strahlen in die Kamera, während sie den Beginn der bereits fünften Erweiterung des Porsche-Werks an der Pleiße einleiten. 600 Millionen wollen die Stuttgarter an ihrer Produktionsstätte im Osten investieren und damit die Gesamtinvestitionssumme am Standort auf zwei Milliarden Euro seit der Werkseröffnung 2002 erhöhen. Der dritte Karosseriebau soll fortan der Fertigung der Außenhülle des neuen rein elektrischen Macan-Modells dienen, welches hier ab voraussichtlich 2022 hergestellt wird. Die Fertigung des Macan-Benziners soll zunächst aber parallel weiterlaufen, da dieser sehr gefragt sei. Angepeilt wird denn auch eine ähnliche Zahl an auslieferbaren Fahrzeugen, wie beim Schwester-Modell mit herkömmlichen Antrieb. Allerdings kann dies 40.000 (war beim Macan geplant) oder 100.000 (wurde zuletzt tatsächlich produziert) bedeuten, ganz in Abhängigkeit vom Kund*innenwillen. Fest steht aber, dass die 6500 Stellen (inkl. Azubis und Leiharbeiter*innen) erhalten bleiben sollen und Dank der Ansiedlung neuer Zulieferer, etwa für eine Batteriefabrik, auf dem noch viel Fläche bietenden Areal, neue Arbeitsplätze schaffen soll. 
"Porsche gestaltet die Zukunft der Mobilität künftig auch in Sachsen", so Kretschmer bei der großen Baubeginnparty, doch bereits seit 2013 produziert Konkurrent BMW in Leipzig seinen Stromer i3 und auch VW setzt im Freistaat schon länger voll auf Elektro, indem das Zwickauer Werk komplett auf den E-Baukasten ID umgestellt und in der Gläsernen Manufaktur bereits der emissionsfrei angetriebene Golf gebaut wird. 
Die voluminösen Investitionen schmälern jedoch die kürzlich veröffentlichte Bilanz des Edelfahrzeugbauers nur marginal, so steigt der Gewinn auf 4,1 Milliarden Euro (+2,7%) und der Umsatz auf 23,7 Mrd. (+9%). Obwohl im sächsischen Werk seit drei Jahren stetig weniger Fahrzeuge vom Band rollen, wuchs auch die Gesamtproduktion auf 268.451. Die Messestädter*innen konnten 129.446 Wagen dazu beisteuern. 
Nun ist es aber an der Politik das Unternehmen dazu anzuhalten, für die Vergehen im Diesel-Skandal Verantwortung zu übernehmen. Bloß aufgrund neuer Investitionen über begangene Schandtaten hinwegzusehen darf nicht zur Regel werden. Gerade im Zuge der Umstellung auf die neuen Messverfahren wurden Schwächen im System Porsche offensichtlich, denn wegen zu langsamer Zertifizierung der Modelle, konnte über Wochen kein PKW die Werkshalle in Leipzig verlassen. DIE LINKE hofft Des Weiteren, dass etwaige neue Arbeitsplätze fair entlohnt werden - eine Anpassung der Gehälter an Westniveau muss her, ebenso wie die Überführung der Leiharbeiter*innen in feste Anstellungsverhältnisse. 
Die Ankündigungen aus Schwaben passen sicher auch Verkehrsminister Scheuer gut in den Kragen, welcher erst jüngst verkündete, bis 2030 zehn Millionen E-Mobile auf Deutschlands Straßen sehen zu wollen, an der Umsetzung des ehrgeizigen Plans hat nun auch Porsche seinen Anteil. Aus der Politik erwartet man Ergebnisse der Regierungskommission zur Causa Ende März. Bisher hat Scheuer, trotz ständigem Ermahnen von Seiten der LINKEN alle nötigen Schritte verschlafen, bei 300.000 geplanten Ladesäulen, die der CSUler bauen will, sollte er am besten gleich damit anfangen. 




Quellen: "Porsche setzt Leipzig unter Strom, F. Johannsen, LVZ, 13.3.19; "Zehn Millionen Elektro-PKW bis 2030?" ebd.; Foto: Von Jonas Witt - Flickr, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1033689; Von Matti Blume - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=67428227

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wahlverwandschaften

Wie die Bundesregierung sich von der Autolobby lossagte - eine Trennungsgeschichte Türe zu: Bundeskanzlerinnenamt in Berlin Wenn die Autolobby aus Frankfurt am Main gen Berlin gepilgert ist, wurde ihr meist sogleich eine Privataudienz bei der Kanzlerin und ihren Minister*innen gewährt. Gerne unterhielten sie sich in vertrauter, gar ganz privater Runde, ohne den üblichen formellen Schnickschnack drumrum. Was wurde nicht pleniert in den letzten Monaten und Jahren, um der angeblich letzten verbliebenen deutschen Schlüsselindustrie ein möglichst weiches Bett zu bereiten. Seit einem Jahr gibt es die "Konzentrierte Aktion Mobilität" bei der sich die Autofunktionär*innen regelmäßig mit der bundesdeutschen Politelite zusammensetzen. Dort solle es zwar um Innovationen gehen, doch Klimawandel und Mobilitätswende sind kein Thema. Über die Inhalte der Verhandlungen herrscht eh seit jeher Schweigen. Umwelt- oder Verbraucherschutzverbände, Wissenschaftler*innen und Vertreter*innen

Geteiltes Leid

In der Corona-Krise hat es zwei Verkehrsträger besonders getroffen: Sharing Fahrzeuge und Straßenbahnen. Vorschläge für einen Neustart. Die Paketflut in Deutschland und überall in der westlichen Welt nimmt stetig zu. Durch das Corona-Virus wurde dieser Trend noch verschärft. Alle Geschäfte blieben zu und die Menschheit hatte viel Zeit um online auf Einkaufstour zu gehen. Gleichzeitig nahmen in den öffentlichen Verkehrsmitteln immer weniger Leute platz. Entweder weil sie einfach keine Wege mehr zu erledigen hatten, oder weil ihnen das Risiko einer Infektion zu groß war.  Seit neustem mit Sitzplatzgarantie: Straßenbahn Wieso also nicht den Pakettransport auf die Schiene verlegen? Für den Fernverkehr wird das mit Güterzügen seit jeher so gehandhabt. Im Zuge der Mobilitätswende und immer voller werdenden Städten, wäre es an der Zeit auch über eine solche Lösung nachzudenken. Gleichzeitig könnten die Einnahmeausfälle der Verkehrsunternehmen etwas gesenkt werden. Sind die Pakete e

Aufs Korn genommen

Martin Winterkorn ist und bleibt eine zentrale Figur im VW-Skandal -Eine Chronologie der Ereignisse- dunkle Wolken über dem VW-Stammwerk in Wolfsburg Seit gut dreieinhalb Jahren laufen die Ermittlungen im Diesel-Skandal rund um den VW-Konzern am Landgericht Braunschweig. Ungefähr so lange ist es auch her, dass einer der größten Betrugsfälle in der Geschichte dieses Landes aufgedeckt wurde. Die Schuldfrage ist bis heute nur schemenhaft geklärt, im Kreise der Verdächtigen befinden sich zahlreiche Personen. Menschen aus allen Etagen des Weltkonzerns - vom kleinsten Ingenieur, bis zum Vorstand. Der Spuk begann bereits Ende 2006, als die "Akustikfunktion" erstmals ihren Weg in den neuen Dieselmotor EA189 fand, mit dem der amerikanische Markt erobert werden sollte.  Im gleichen Jahr traten neue, strengere Abgaswerte in Kraft, welche in Übersee noch deutlich ambitionierter ausfielen als in der EU. Bei VW war klar, dass der neue Dieselmotor diese unter normalen Umständen