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Mein Job, dein Job.

Wie Gewerkschaft und Arbeitgeberverbände über die Dieselkrise und die E-Revolution denken


Der IG-Metall-Chef Jörg Hofmann steht vor einer schwierigen Aufgabe. Er muss auf der einen Seite die Interessen seiner zahlreichen Gewerkschaftsmitglieder in der gesamten Republik gleichermaßen vertreten, wobei die Beschäftigten in der Automobilindustrie, dank gut organisierter Strukturen einen beträchtlichen Teil dieser ausmachen, auf der anderen Seite aber auch die sozial-ökologische Wende im Blick behalten. So sieht er die von der EU-Kommission geforderte Reduzierung der Emissionsflottenwerte um 37,5 Prozent bis 2030 mit großer Sorge, denn um dem genannten Ziel zu entsprechen, müssten die Hersteller zu diesem Zeitpunkt bereits die Hälfte aller ihrer Fahrzeuge mit rein elektrischem Antrieb absetzten. An und für sich keine schlechte Sache, nur ist der Haken dabei, dass die Produktion eines E-Mobils deutlich weniger Arbeitskräfte benötigt, als der Bau eines Autos mit Verbrennungstechnologie. Grund dafür ist, dass die neuartigen Fahrzeuge deutlich weniger Komponenten, die es zu montieren gilt, benötigen, als die althergebrachten Modelle. So drohen, noch verstärkt durch die Digitalisierung, bis 2030 nach einer Studie des Fraunhofer Instituts 100.000 Arbeitsplätze wegzufallen. Auch zahlreiche Zulieferbetriebe, die bisher komplett auf Dieseltechnologie gesetzt hatten und keine Mittel aufbringen könne, um sich dem Wandel anzupassen, könnten bald ihre Daseinsgrundlage verlieren. 
Sitz der IG Metall in Frankfurt Main
zwischen den Zentralen des Großkapitals
Für DIE LINKE stellt sich der Umbruch zwar als klare Herausforderung dar, wird jedoch eher als Chance begriffen, die keineswegs die Komplexität der Problematik unterschätzt. Es bietet sich im Rahmen dieses Umbruchs die einmalige Gelegenheit endlich eine rapide Arbeitszeitverkürzung und das Probieren neuer Beschäftigungsmodelle um- und durchzusetzen, womit eine Vielzahl an Stellen erhalten und qualitativ aufgewertet werden könnte. 
Unterstützenswert ist Des Weiteren die Forderung nach einer Batteriefabrik in der Bundesrepublik, idealerweise am Standort Lausitz, dem durch den Wegfall der Braunkohleindustrie eine enorme Transformation bevorsteht. Bisher hängt die deutsche Automobilwirtschaft, so moniert Hofmann, vollständig am Tropf asiatischer Batteriehersteller. Flankiert sehen will er solche Projekte aber mit einer intelligenten Fördermittelpolitik, der Zusammenarbeit mit Wissenschaftsinstituten und der Klärung von Zuständigkeiten zwischen Industrie und Politik, bspw. im Bereich der Ladeinfrastruktur. 
Das der Dieselmotor als Übergangstechnologie mindestens für die nächsten zwei Dekaden erhalten bleiben muss, sieht auch der Gesamtmetall-Chef Rainer Dulger so. Jedoch konstatiert er im Vergleich zu Hofmann nicht die Gefahr massiven Arbeitsplatzabbaus, sondern vielmehr eine Erhöhung dieser am Ende der sich abzeichnenden industriellen Revolution. Festmachen tut er dies allein an den Erfahrungen der Geschichte, welche bei wirtschaftlichen Umbrüchen nach seiner Auffassung immer zu einer höheren Wertschöpfung und zu einem Mehr an benötigten Arbeitskräften geführt hätten. 
Leider lässt er dabei die Bedingungen, unter welchen diese dann agieren müssen außer Acht, erschreckend war dabei nicht nur die Präkarisierung im 19. Jhd., sondern auch in der modernen Arbeitswelt zeichnet sich eine zunehmende Belastung von Arbeitnehmer*innen ab. 
Dulger plädiert auch für eine schnellere Umsetzung des Fachkräftezuwanderungsgesetzes, welches zu einer weiteren Unterscheidung zwischen angeblich wertigen und unproduktiven Migrant*innen führen wird. 
Zu Recht Angst hat er vor drohenden Strafzöllen der USA im Bereich der Automobilwirtschaft, die nicht nur den Multilateralismus auf eine harte Probe stellen, sondern auch das Exportmodell Deutschland untergraben. 
Zwei differente Ansichten und Darstellungen von Zukunft, sowie Gegenwart, welche beide Schnittmengen mit den unsrigen Positionen nur bedingt aufweisen und einer gewissen Hilflosigkeit anheim zu fallen scheinen. Jetzt muss es für DIE LINKE gelten, die Gewerkschaften stärker von ihren Position zu überzeugen, als dies die Wirtschaft tut, denn nur gemeinsam können wir ein wirksames Gegengewicht zum Kapital und der herrschenden Klasse bilden, um einen vernünftigen sozialökonomischen Wandel zu gestalten. 





Quellen: "Nicht nur beim Thema Batterien wird der schwarze Peter hin- und hergeschoben", LVZ 2./3.3.19, A. Dunte; "Wir erleben ein absurdes Theater, ebd., R. Buchsteiner; Foto: Von I, Dontworry, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2254890

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