Als Kinder hatten wir sie alle - Tretroller, nun kommen die Klassiker elektrisch betrieben zurück in die Städte
Noch vor einem Jahr regte sich in vielen Städten großer Widerstand gegen die grassierende Welle von Leihfahrrädern, die überall herumlagen, teils kaputt, teils lieblos in den Weg gestellt. Nun macht sich ein neues Phänomen breit - E-Tretroller. In Wien, Brüssel oder L.A. gehören sie schon zum Stadtbild, wie der Coffee to go. Der Bamberger Stadtwerke Mitarbeiter Jan Giersberg gibt zu oben genanntem Problem schon mal Entwarnung, alle in seiner Stadt aufgestellten Roller werden des Nächtens eingesammelt, der Verwahrlosung somit ein Riegel vorgeschoben. Dennoch warnt der ADFC, ebenso wie hochrangige Vertreter*innen des Verkehrssicherheitstages schon Heute vor möglichen weiteren Risiken der Mini-Flitzer, die künftig mit bis zu 20km/h durch Deutschlands Straßen rollen sollen. So würde sich die Gefahr, durch eine gemeinsame Nutzung von Rad- und Fußwegen (diese nur für Gefährte bis 12km/h) für alle Verkehrsteilnehmer*innen erhöhen, denn der Platz sei im Moment schon eng genug und erste empirische Beobachtungen aus praxiserprobten Regionen hätten eine gesteigerte Zahl von Unfälle nachgewiesen.
rostiges Gefährt: selbstgebauter E-Scooter |
Auf der anderen Seite steht der Zwang, die Fortbewegungsprofile aller Menschen radikal zu wandeln. Die Meter zur S-Bahn-Station oder Tramhaltestelle dürften nicht länger mit dem Auto zurückgelegt werden, wie Politiker*innen fast einhellig meinen. Stattdessen bedürfe es neuer Alternativen, die diesen Weg emissionsfrei, sauber und leise bewältigen, ohne weniger Komfort zu bieten. Die kleinen E-Mobile auf zwei Rädern könnten da eine gewichtige Lösung darstellen - platzsparend, Null-Emissionen, ruhig und flexibel einsetzbar. Davon ist auch Verkehrsminister Scheuer überzeugt, der schon bald eine Konzessionierung für die Fahrzeuge auf hiesigen Straßen anstrebt. Allerdings gelten dann einige Regeln, etwa zwei Bremsen, Licht und Versicherungsmarke, wie beim Fahrrad auch, soll es aber keine Helmpflicht geben.
Die urbanen Gebiete und ihre Entscheidungsträger*innen erhoffen sich eine deutliche Entlastung der Infrastruktur und die bessere Erreichung der Klimaziele (etwa Grenzwerte für Stickoxide). Die Wirtschaft hingegen setzt vor allem auf einen neuen, noch völlig unerschlossenen Markt, der hohe Gewinne verspricht. Große Unternehmen wie Daimler und VW stehen schon in den Startlöchern, aber auch mit viel Kapital ausgestattete Start-Ups bereiten sich auf den Run vor. Die 15 bayrischen Roller stammen vom kalifornischen Produzenten Bird, welcher schon in über 100 Städten seine Fortbewegungsmittel aufgestellt hat. Mittels einer App kann deren Standort ganz einfach aufgerufen werden. Anschließend werden die Tretroller dann kontaktlos freigeschalten. Geld an die Leihfirmen fließt über Werbung in der App und natürlich die Nutzungsgebühren, die über unterschiedliche Modelle erhoben werden (etwa pauschal, oder minutenweise)
E-Roller sind in den Straßen bereits häufiger zu sehen |
Der deutsche Städte- und Gemeindebund erhofft sich eine gleichzeitige Radwegeoffensive, bei der vor allem der Bund (zuständig für ebendiese an Bundesstraßen) vorangeht und dann auch den Ländern/Kommunen ausreichend Mittel zur Verfügung stellt. Eine Position mit der auch DIE LINKE d´accord geht. Diese Chance sollte nun ergriffen und möglichst sinnvoll umgesetzt werden. Die Politik muss dabei für mehr Struktur und Ordnung sorgen, als beim erwähnten Leihfahrrad-Chaos. Schulungen sind ein weiteres Instrument, um die Sicherheit zu erhöhen, dann kann einer zukunftsorientierten Mobilität nichts mehr im Wege stehen. Natürlich unter der Voraussetzung, dass dieses Fortbewegungsmittel nicht rein kapitalistischen Interessen unterworfen wird, sondern gefördert und gesteuert durch die Regierungen, auch allen Menschen zugänglich ist (egal ob Städter*innen oder Landbewohner*innen, Mittellosen oder Privilegierten).
Quelle: "Roller vorwärts", T. Fuchs, E. Butz, R. Buchsteiner, M. Naumann, LVZ, 22.3.19; Foto: Von Zlois (Diskussion) - Selbst fotografiert, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35305311; Von SeSchu - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=41000674
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