Direkt zum Hauptbereich

Smart oder doch Torheit?

Mit einem Joint Venture wagt Daimler den letzten Versuch die Smart-Tochter aus der Verlust- in Richtung Zukunftszone zu führen


Nicht ganz der Turm zu Babel
So schnell kann es also gehen: vor einem Jahrzehnt noch mit der US-Autofirma Chrysler fusioniert, heute zu fast 10 Prozent im Besitz eines einzigen chinesischen Mannes. In Zeiten des Finanzmarktkapitalismus scheinen schnelle Wechsel der Besitzverhältnisse eher Regel als Besonderheit. Egal aus welchem ideologischen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen System die Aktionär*innen kommen - Hauptsache sie haben Geld dabei. Mit Li Shufu dürfte Daimler-Boss Dieter Zetsche kurz vor seinem Abdanken noch ein Coup gelungen sein, der ihm in einem Unternehmen, dass sich ansonsten eher auf SUV´s, Limousinen und sonstige großspurige, teuere Autos versteht,  einen versöhnlichen Platz in den Analen bescheren dürfte. 
Nachdem der Chinese sein Aktienpaket übernommen hatte, ging es sogleich ans Eingemachte. Mit der Firma Geely wurde ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet, welches nun den Smart der Zukunft erschaffen soll. Allerdings liegt der Standort für die Entwicklung nicht etwa im elsässischen Stammwerk Hambach, sondern im Reich der Mitte. In drei Jahren soll der neue Kleinwagen "Elektro-Smart EQ" spruchreif sein und auf den Markt kommen. Es wäre nicht nur eine völlig neue Wagenklasse, die Smart erobern will, sondern auch das Flaggschiff der Elektro-Flotte. Denn ab 2020 wollen die Böblinger komplett auf Verbrennungstechnologie verzichten. 
Der vermeintliche Befreiungsschlag müsste denn auch schnell Erfolg aufweisen, denn die Absatzzahlen sinken kontinuierlich, lagen zuletzt bei 128.000 Fahrzeugen anno 2018. Den Mitarbeiter*innen in Hambach, nahe der saarländischen Grenze droht ein Auslastungsproblem, wenn dort ab Sommer 3/4 der Produktion wegfallen. Das zweite Smart-Werk in Slowenien bangt schon jetzt um sein Fortbestehen, da die dort Angestellten nicht bei Daimler direkt beschäftigt sind. Ob der Konzern also bei aller Innovationsfreude auch an seine fleißigen Werksbeschäftigten denkt, ist fraglich. Verantwortlich für den Niedergang und den seit 20 Jahren tiefroten Zahlen des einstigen Start-up-Vorzeigeprojekts der 1980er Jahre sind sie jedenfalls am wenigsten. Bereits 2017 war man mit dem ersten E-Modell der Smart-Familie angetreten und besann sich damit auf das Kernmodell Fortwo, mit dem man einst auch startete. Schon bald erkämpfte sich der E-Flitzer - welcher Dank seines schmalen Äußeren nur sehr wenig Batterievolumen benötigt, um 100km Strecke fahren zu können - Platz 2 im Ranking der meistverkauften E-Mobile. Doch die Trendwende blieb aus, obwohl Smart eigentlich prädestiniert dafür wäre, nicht nur Alternative-Antriebe zu revolutionieren, sondern auch das Verkehrsproblem in den Städten zu mindern. 
Vision oder Wirklichkeit? - Smart EQ
Das neue Modell soll nun autonom fahren und auch als Taxi eingesetzt werden können. Selbstständig kann es sich, so der Plan, dann von Auftrag zu Auftrag bewegen und über zahlreiche Monitore mit seinen Insassen kommunizieren. Allerdings kostet diese Vision einiges und ob sie sich am Ende des Tages rentieren wird (Daimler plant mit schwarzen Zahlen ab 2025) steht in den Sternen. Die markanten Smart-Tower der Vertriebsstellen überall in Deutschland bleiben auf wackeligen Beinen. 








Quellen: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/smart-kleiner-chinese-1.4386842; https://www.sueddeutsche.de/auto/smart-vision-eq-maschine-mit-menschlicher-gestik-1.3645606-2; Foto: Von Tohma (talk) - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=34118027; Von Matti Blume - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=62521808

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wahlverwandschaften

Wie die Bundesregierung sich von der Autolobby lossagte - eine Trennungsgeschichte Türe zu: Bundeskanzlerinnenamt in Berlin Wenn die Autolobby aus Frankfurt am Main gen Berlin gepilgert ist, wurde ihr meist sogleich eine Privataudienz bei der Kanzlerin und ihren Minister*innen gewährt. Gerne unterhielten sie sich in vertrauter, gar ganz privater Runde, ohne den üblichen formellen Schnickschnack drumrum. Was wurde nicht pleniert in den letzten Monaten und Jahren, um der angeblich letzten verbliebenen deutschen Schlüsselindustrie ein möglichst weiches Bett zu bereiten. Seit einem Jahr gibt es die "Konzentrierte Aktion Mobilität" bei der sich die Autofunktionär*innen regelmäßig mit der bundesdeutschen Politelite zusammensetzen. Dort solle es zwar um Innovationen gehen, doch Klimawandel und Mobilitätswende sind kein Thema. Über die Inhalte der Verhandlungen herrscht eh seit jeher Schweigen. Umwelt- oder Verbraucherschutzverbände, Wissenschaftler*innen und Vertreter*innen

Aufs Korn genommen

Martin Winterkorn ist und bleibt eine zentrale Figur im VW-Skandal -Eine Chronologie der Ereignisse- dunkle Wolken über dem VW-Stammwerk in Wolfsburg Seit gut dreieinhalb Jahren laufen die Ermittlungen im Diesel-Skandal rund um den VW-Konzern am Landgericht Braunschweig. Ungefähr so lange ist es auch her, dass einer der größten Betrugsfälle in der Geschichte dieses Landes aufgedeckt wurde. Die Schuldfrage ist bis heute nur schemenhaft geklärt, im Kreise der Verdächtigen befinden sich zahlreiche Personen. Menschen aus allen Etagen des Weltkonzerns - vom kleinsten Ingenieur, bis zum Vorstand. Der Spuk begann bereits Ende 2006, als die "Akustikfunktion" erstmals ihren Weg in den neuen Dieselmotor EA189 fand, mit dem der amerikanische Markt erobert werden sollte.  Im gleichen Jahr traten neue, strengere Abgaswerte in Kraft, welche in Übersee noch deutlich ambitionierter ausfielen als in der EU. Bei VW war klar, dass der neue Dieselmotor diese unter normalen Umständen

Strom für Brandenburg

Teslas Traum: eine Fabrik für 5000 Leute in der Nähe von Berlin Mehr Rot in Grünheide - Tesla kommt Normalerweise geht es im brandenburgischen Grünheide eher beschaulich zu. Einzig die alte Obstsorte "Apfel aus Grünheide" verschaffte dem 8000 Einwohner*innen zählenden Ort einstmals überregionale Bekanntheit - wohl aber eher in sehr ausgewählten Fachkreisen. Seit Anfang November ist nun alles anders. Der amerikanische Milliardär, Erfinder und Lebemann Elon Musk verkündete die Ansiedlung der ersten Tesla Fabrik in Europa genau an diesem unbefleckten Stück Erde. Ausschlaggebend für ihn sei die Liebe zu Berlin (nur wenige Kilometer entfernt) und die gute Infrastruktur (Bahnstrecke, Autobahn) gewesen.  Einstweilen wird Tesla nachgesagt, sich im Einheimsen von Subventionen recht findig zu zeigen. Wirtschaftsminister Altmaier (CDU) winkte aber ab und beteuerte bei seiner "Erfolgsverkündungs-Pressekonferenz", es habe keine Bevorteilung für die Kalifornier gegeben,