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Mikro statt Makro: Elektromobilität in Deutschland

Warum Deutschland in Sachen E-Mobilität noch immer nicht die richtige Spur gefunden hat.



In absoluten Zahlen mögen die 900.000 Fahrzeuge mit alternativem Antrieb hierzulande noch recht beeindruckend daherkommen, doch relativ betrachtet rangiert Deutschland damit auf einem Platz noch hinter der letzten Reihe. Nur 2 Prozent aller Autos sind also mit Hybrid-, Elektro- oder Gasantrieb ausgestattet. 
Antrieb des i3 -
bisher einziges vollelektrisches Modell von BMW
Wo diese desaströs anmutende Bilanz ihren Ursprung hat merkt man* schnell. Aus der Politik wird oft beschworen, dass die Marktmechanismen schon adäquate Lösungen auf die Problemlage finden werden und somit reagiert auch sie entsprechend nur mit ebendiesen. So erklären sich etwaige Förderprogramme, mit denen nur ein Bruchteil derer erreicht wird, für die eine umweltfreundliche Mobilisierung doch eigentlich interessant sein sollte. Und da zeigt sich auch schon gleich die Illusion des vollkommenen Marktes, denn genau die Mensch, welche sich ein E-Mobil oder Ähnliches zulegen, profitieren von diesen für diese Gruppe maßgeschneiderten Förderprogrammen. Zumeist Reiche, die sich einen SUV leisten können, für den gut und gerne schonmal ein sechsstelliger Betrag fällig wird und solche, die sich ein E-Auto als nettes Spielzeug in der Garage halten. Ein Zweit- oder Drittauto, mit dem in der Innenstadt kokettiert werden kann und das dadurch womöglich noch die letzten zuvor zu Fuß zurückgelegten Wege dieser Menschen ersetzt. Das erst ein Einstiegsbudget von 50.000 Euro nötig ist, um sich dann 2000 Euro Förderung abholen zu können ist ein Skandal, denn die monetäre Schwelle schließt das Gros der Bevölkerung von vornherein aus. Entsprechend zeigt sich das Portfolio der Autohersteller. Ein Wagen für die breite, wenn auch zunehmenden vor allem dem Einkommen nach diversifizierte, Mittelschicht, fehlt, ein Modell also, dass mit angemessenem Preis und einer nützlichen Größe punkten könnte. Dies deckt sich auch mit den Berichten der Hersteller selbst, welche aktuell bekennen, lediglich auf Wunsch der Politik zu produzieren und nicht, weil der Markt, also die Verbraucher*innen es fordern. Daran tragen sie allerdings eine erhebliche Mitschuld, denn wer keine ausreichend attraktiven Produkte bereitstellt, braucht sich über mangelnde Nachfrage nicht beklagen. 
Tesla Modell 3: ein Wagen der Oberklasse und trotzdem
meistverkauften E-Modell von 2015-17
Erst in den kommenden fünf Jahren werden die deutschten Hersteller überhaupt solche Fahrzeugklassen auf den Markt bringen. Allen voran der VW ID soll mit unter 30.000 Euro erschwinglich und zugleich alltagstauglich werden, ob er im realen Fahrbetrieb aber auch so funktioniert, wie er sollte, steht noch in den Sternen. Stattdessen setzen die Kund*innen vermehrt auf Benziner, welche nicht nur mehr Sprit verbrauchen, sondern auch bei der CO2-Performance deutlich schlechter abschneiden als die Dieselkonkurrenz. Allerdings stellen solche Wagen momentan die einzig sichere Alternative dar, um Fahrverboten zu entgehen und gleichzeitig halbwegs zuverlässig von A nach B zu kommen, ohne permanent nach Lademöglichkeiten (die es immer noch nicht einheitlich und flächendeckend gibt) Ausschau halten zu müssen. 
Mit der zunehmenden Rechtsverschiebung innerhalb der Gesellschaft wird ein konsequentes Einschreiten gegen die aktuelle Politik von Verkehrsminister Scheuer (CSU) und den Autobossen nicht eben leichter. DIE LINKE wird sich trotzt alledem für eine sozialverträgliche Verkehrswende in Europa und in der Bundesrepublik einsetzten. Mit Konzepten die allen Menschen dienen und nicht nur den Konzernen und ihren Bilanzen (z.B. Sinnlosprämien für Autokäufe oder zusätzliche Abschreibungsmöglichkeiten). Dafür lohnt es sich auch weiterhin zu streiten. 


Quelle: https://www.sueddeutsche.de/auto/elektroautos-deutschland-1.4555685; https://www.heise.de/newsticker/meldung/BMW-Europaeer-wollen-keine-Elektroautos-kaufen-4457907.html; Foto: Von MotorBlog from Ca, USA - IAA 2013: BMW i3Uploaded by AVIA BavARia, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=29302575; Von : Peteratkins*derivative work: Mariordo - Diese Datei wurde von diesem Werk abgeleitet: Tesla Model S (Facelift ab 04-2016).jpg:, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=61490102

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